In der Premier League arbeiten Clubs kontinuierlich daran, ihre Nachwuchsarbeit weiterzuentwickeln. Beim Talent Development Summit im vergangenen Jahr haben wir mit Entscheidern führender Akademien darüber gesprochen, welche Herausforderungen sie aktuell beschäftigen und mit welchen innovativen Ansätzen sie der Zukunft begegnen.
Eine Botschaft zog sich durch alle Gespräche: Erfolgreiche Akademien kombinieren einen personalisierten Entwicklungsansatz mit einem Umfeld, dem die Spieler:innen wirklich vertrauen – und stützen diese Individualisierung auf verlässliche Strukturen und Tools.
Der 2012 eingeführte Elite Player Performance Plan (EPPP) ist der nationale Rahmen für die Nachwuchsentwicklung im englischen Fußball. Ziel ist es, sowohl die Anzahl als auch die Qualität einheimischer Spieler:innen durch klare Vorgaben in Coaching, Infrastruktur und Ausbildung zu steigern.
Akademien werden dabei in vier Stufen eingeteilt – basierend auf Ausstattung, Personal und Qualität der Ausbildung. Während das EPPP für mehr Struktur und Vergleichbarkeit gesorgt hat, hat es auch den Wettbewerb zwischen den Clubs verschärft: sowohl bei der Rekrutierung als auch bei der Frage, wie effektiv Talente weiterentwickelt werden.
Individualisierung und ein starkes Umfeld sind zu den entscheidenden Faktoren geworden, die eine Akademie heute auszeichnen.
Darren Ryan, Head of Player Development bei Wolverhampton Wanderers FC, beschreibt einen klaren Wandel in den vergangenen Jahren:„Als ich angefangen habe, war alles nicht sehr spezifisch und teamorientiert. Heute muss man auf die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten jedes einzelnen Spielers schauen.“ Dieser Ansatz hat auch den Personalbedarf erhöht: „Als ich zum Club kam, hatten wir acht bis zehn Mitarbeiter in der Akademie – heute sind es über 100.“
Auch bei Southampton FC steht die gezielte Förderung im Fokus. Duncan Fearnhead, Academy Manager, betont: „Wir wollen Talente für die härteste Liga der Welt entwickeln. Jede Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu verbessern – technisch, kognitiv oder physisch – spielt eine wichtige Rolle. Und Technologie kann dabei enorm unterstützen.“ Individuelle Entwicklungspläne helfen Spielern, gezielt an den Bereichen zu arbeiten, in denen sie das größte Potenzial haben – etwas, das in klassischen Teamsessions oft nicht möglich ist.
Um das zu bewerkstelligen braucht es entsprechend professionelles Personal, eine gute Planung – und vor allem einen effizienten Umgang mit Zeit und Ressourcen. Es geht nicht mehr nur um individuelle Betreuung, sondern darum, diese skalierbar zu machen – über Altersklassen, Spielstärken und Persönlichkeiten hinweg. Immer mehr Clubs setzen dabei auf Daten und Technologie, um diese Komplexität zu managen – ohne an Qualität zu verlieren.
Neben dem Training spielt in der Premier League auch das soziale und emotionale Umfeld eine zentrale Rolle – besonders seit dem Brexit, der den Wettbewerb um Talente weiter verschärft hat. „Die größte Herausforderung ist es, die Talente überhaupt in den Club zu bekommen“, sagt Fearnhead. „Deshalb geht es darum, ein positives, einladendes Umfeld zu schaffen, in dem sich Spieler wohlfühlen. Es geht nicht nur um Fußball – sondern auch um die Förderung abseits des Platzes und um die enge Zusammenarbeit mit den Familien.“
Auch bei Wolverhampton steht die Atmosphäre im Mittelpunkt. Ryan erklärt: „Spieler sagen uns immer wieder, wie wichtig ihnen das Umfeld ist. Wir konkurrieren mit Clubs wie Aston Villa, Birmingham, West Brom, Derby und Leicester – deshalb schaffen wir einen Ort, an dem sie gerne sind. Ich sage meinen Trainer: Wenn ihr seht, wie die Kids mit einem Lächeln ins Training kommen – dann wisst ihr, dass das Umfeld stimmt.“
Ehrliche Kommunikation mit Talenten und ihren Familien ist heute essenziell. Jonathan Hunter-Barrett, Academy Manager bei den Wolves, bringt es auf den Punkt: „Wir geben keine falschen Versprechen. Was wir bieten können, ist eine hochwertige Ausbildung und ehrliche Gespräche darüber, wie wir Spieler besser machen.“ Er betont: Offenes Feedback, individuell zugeschnittene Trainingsinhalte und realistische Entwicklungsmöglichkeiten schaffen Vertrauen – und führen langfristig zu besseren Ergebnissen für Spieler und Clubs.
Spieler wachsen heute in einer digital vernetzten Welt auf. Sie verfolgen nicht nur ihre eigene Leistung, sondern vergleichen sich ständig mit Gleichaltrigen. Alex Vinall, Lead Player Development & Methodology bei Tottenham Hotspur, beschreibt es so: „Spieler haben heute deutlich mehr Zugang zu Informationen. Alles wird gefilmt, alles ist online. Sie sind sich also viel stärker über ihre eigene Entwicklung und die ihrer Mitspieler bewusst.“
Dieser erhöhte Druck führt dazu, dass Clubs verstärkt in mentale und emotionale Unterstützung investieren – nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Auch intern ändert sich vieles. Bei den Spurs arbeitet man derzeit an neuen Messinstrumenten: „Wir entwickeln ein Reporting, mit dem wir evaluieren können, wie gut wir im Vergleich zu unserer Methodik performen. Es geht darum, wirklich ins Detail zu gehen – und diese Details messbar zu machen.“ Der Trend ist klar: Leistungsanalyse und ganzheitliche Förderung gehen bei den besten Akademie Hand in Hand.
Die Nachwuchsförderung in der Premier League dreht sich heute nicht mehr nur um das Formen starker Teams – sondern um die Entwicklung starker Persönlichkeiten in einem Umfeld, das fordert, unterstützt und inspiriert.
Mit dem EPPP als strukturellem Rahmen und wachsendem Wettbewerbsdruck sind Clubs gefordert, mehr in weniger Zeit zu leisten. Das bedeutet: Individualisierung muss effizienter, strukturierter und besser messbar werden.
Erfolg haben jene, die konsequent in das Individuum investieren – nicht nur durch Menschen, sondern durch Systeme, die Wachstum fördern: mit Daten, Feedback und fußballspezifischer Technologie.