In Hamburg hat Europas größtes Sportsbusiness-Event, die SPOBIS Conference 2024, einen Neustart hingelegt. Erstmals trafen sich Vertreter aus den unterschiedlichsten Teilbereichen der Sportbranche in der Hansestadt, unter ihnen auch UEFA-Präsident Aleksander Čeferin, Adidas-CEO Bjørn Gulden, LaLiga-Boss Javier Tebas und die DFL-Geschäftsführung Steffen Merkel und Marc Lenz.
Wie immer bekommt man bei so einem Event ein gutes Gefühl davon, was die Fußballbranche derzeit bewegt. Trends verschwinden, andere sind auf einmal omnipräsent. Was bleibt, ist die Suche nach neuen Märkten und Zielgruppen bzw. wie man diese am besten erreichen kann.
Rein sportlich warf in Hamburg schon die bevorstehende EURO 2024 in Deutschland ihre Schatten voraus, auch wenn von großer Euphorie in Deutschland noch nicht viel zu spüren ist. Auf Klubebene gilt seit Jahren die Premier League als gelobtes Land – zumindest in finanzieller Hinsicht. Aber auch auf sportlicher Ebene plant Englands höchste Spielklasse in nächster Zeit nachhaltige Schritte in die Zukunft. Was mich gleich zum ersten meiner drei Takeaways der diesjährigen SPOBIS Conference bringt.
Talententwicklung ist in erster Linie eine Sache der Klubs und auf nationaler Ebene jene der nationalen Verbände. Möchte man zumindest meinen. Die Premier League macht es sich jetzt aber auch selbst zur Aufgabe, gemeinsam mit den insgesamt 92 Akademien in den höchsten vier Spielklassen, entscheidend zur Entwicklung der besten Spieler des Landes beizutragen. Die Liga hat dafür gemeinsam mit dem Unternehmen “Kitman Labs” eine “Football Intelligence Platform” ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, in der einheitliche Profile aller Akademiespieler angelegt werden, die in Echtzeit – und gespeist durch eine Vielzahl von Daten – eine Übersicht über Leistungsvermögen, Trainings- und Spielperformance sowie den medizinischen Zustand der Spieler geben. Aus diesen Profilen wiederum können klare Entwicklungswege abgeleitet werden. Die Plattform soll dabei helfen, den Nachwuchs gezielt zu fördern, damit jeder Spieler sein Potenzial entfalten kann – auch neben dem Platz. So soll es auch möglich sein, die soziale, schulische und kognitive Entwicklung zu verfolgen und so ein ganzheitliches Profil für jeden Spieler zu erhalten.
Paul Prescott, Head of Operations – Football Development der Premier League und Stephen Smith, CEO von Kitman Labs, haben im Rahmen der SPOBIS Conference über die Entwicklung der “Football Intelligence Platform” gesprochen und auch geschildert, mit welchen Vorbehalten sie konfrontiert waren. Immerhin handelt es sich bei der umfassenden Messbarkeit der Talententwicklung um einen fundamentalen Kulturwandel innerhalb der Fußballbranche. Beide haben deshalb vor allem die intensive Kommunikation mit den Vereinen und Akademien betont, die es benötigt, damit dieser Veränderungsprozess gelingen kann. Ich bin gespannt, wie sich das Projekt weiter entwickelt und hoffe, dass es noch mehr Vereine und Verbände davon überzeugt, dass es nachhaltig zum Erfolg einer Akademie beiträgt, wenn man die Entwicklung seiner Spieler objektiv misst und dokumentiert.
Die Digitalisierung spielt nicht nur in sportlichen Entwicklungen eine große Rolle, auch bei kommerziellen Themen ist sie allgegenwertig. Wobei auffällt, dass die Hype-Cycles bei Digitalisierungsthemen immer kürzer werden. Hat gefühlt gestern noch jeder irgendetwas an die Blockchain gehängt und NFTs galten als großes Zukunftsinvestment, so dominierte in diesem Jahr auf der SPOBIS das Thema Künstliche Intelligenz. Besonders im Marketing tauchen immer mehr KI-Tools auf, auch beim Austausch mit Fans gibt es spannende Lösungen. Insgesamt wird klar, dass wir hier erst am Beginn von noch viel größeren Veränderungen in unserer Arbeitswelt stehen. Veränderungen zeigen sich beim Austausch mit Fans auch bei der Wahl der Kanäle. WhatsApp Channels sind für Sportvereine innerhalb kürzester Zeit ein wichtiges Info-Tool geworden. Die bedeutendste Content-Plattform für Klubs und Ligen ist und bleibt hingegen TikTok, wo mit Kurzclips bemerkenswerte Reichweiten erzielt werden können.
Deutschland hat als Gastgeber von Fußball-Großereignissen einen guten Ruf. Die Weltmeisterschaft 2006 ist auch mir noch als ausgelassenes Sommerfest in Erinnerung und hat das deutsche Image in der Welt mit Sicherheit aufpoliert. Aus organisatorischer Sicht bestehen auch keine Zweifel darüber, dass die EURO 2024 ein gelungenes Event werden wird. Dafür lässt die große Vorfreude im Gastgeberland noch auf sich warten. Sportlich steckt die Nationalmannschaft gefühlt seit 2018 in einer Findungsphase und ob Julian Nagelsmann als Bundestrainer das richtige Rezept für einen sportlichen Erfolg findet, wird vielerorts bezweifelt. Dabei zählt gerade die Unterstützung der Fans zu den großen Assets der deutschen Fußballkultur. Die Bundesliga ist seit jahren europaweit die Liga mit dem größten Zuschaueraufkommen. In der Saison 2022/23 verfolgten im Schnitt mehr als 43.000 Fans die Spiele im Stadion. “Fan Engagement” war auch auf der SPOBIS Conference ein großes Thema, wobei hier vorrangig über digitale Lösungen diskutiert wurde. Ich vermisse in der Debatte ein wenig die Diskussion über das Fanerlebnis an sich. Das Spiel ist schließlich die Hauptattraktion, wegen der jedes Wochenende zehntausende Menschen zusammenkommen. Hier müsste man ansetzen, um das Fanerlebnis an sich zu verbessern und nicht ein Umfeld zu konstruieren, wodurch das Spiel entwertet wird.
Die SPOBIS Conference war auch in diesem Jahr wieder ein spannendes Zusammenkommen vieler wichtiger Köpfe im Fußballbusiness. Dabei bekommt man nicht nur jedes Mal neue Perspektiven sondern stößt auch auf innovative Ideen, die den eigenen Horizont erweitern. Ich freue mich schon aufs nächste Mal.